Glossar

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Die Rhetorik der Zeugen Jehovas ist sehr eigen und häufig kompliziert. Da ich in diesem Blog immer mal wieder ungewohnte Begriffe und Lehren erwähne, die für Außenstehende befremdlich sein könnten, habe ich versucht, mit diesem Glossar eine kleine Übersicht und Hilfe zu gestalten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Objektivität. (Für ausführliche Informationen über die Zeugen Jehovas empfehle ich einen Besuch der entsprechenden Wikipedia-Seite.) *

Abtrünnige, Abtrünnigkeit – Menschen, die die ZJ verlassen haben (oder verlassen wurden) und sich von den Lehren der ZJ distanzieren. Abtrünnige sind aus Sicht der ZJ „geistig krank“ und Anhänger Satans. In der Härte der Ablehnung wird nicht zwischen Abtrünnigen, die aktiv die ZJ bekämpfen und Abtrünnigen, die einfach bloß eine eigene Meinung haben differenziert. Kein Glaube an die Lehren der ZJ? Abtrünning und somit „geistig krank“.

Älteste – Die Pfarrer der ZJ und Leiter der örtlichen Versammlungen. Um demokratische Entscheidungen zu ermöglichen, meistens mindestens drei Männer. Ja, Männer. Frauen dürfen keine Ämter übernehmen. Die Ältesten sind dafür zuständig, dass in ihrer Versammlung alles im Sinne der Leitenden Körperschaft, der ideologischen Führerschaft läuft. Sie sind quasi Fürsten. Im Falle eines Fehltrittes entscheiden die Ältesten in einem Rechtskomitee über Ausschluss eines Glaubensbruders.

Ältestenbuch – umgangsprachlich für das Buch „Gebt Acht auf euch selbst und die ganze Herde“, seit 2010 unter dem Titel „Hütet die Herde Gottes“ neu aufgelegt. Der Heilige Gral der ZJ, der Geheimkodex, Inquisitionshandbuch, Verhaltensregelwerk. Nur Älteste dürfen das Buch lesen. Kein normalsterblicher ZJ würde wagen, ins Buch zu linsen. Mittlerweile längst im Internet für die Allgemeinheit verfügbar.

Ausgeschlossene, Ausschluss – Menschen, die sich einen Fehltritt geleistet haben (Ehebruch, Sex außerhalb der Ehe, Bluttransfusion, etc.) und keine Reue zeigen. Der sog. Gemeinschaftsentzug (oder Ausschluss) ist ein psychologisches Droh- und Druckmittel, und soll die Betroffenen sozial isolieren.

Bethel – Die jeweilige Landeszentrale der ZJ-Dachorganisation Wachtturm Bibel und Traktatgesellschaft. Eine Art Kloster, in der die Schriften produziert werden.

Bezirksaufseher – Von der Dachorganisation eingesetzter Aufpasser, der in seinem Bezirk nach dem Rechten sieht. Besucht in unregelmäßigen Abständen die Versammlungen und untersucht, ob die Ältesten ihre Schäfchen im Griff haben.

Bibel – Das zweitwichtigste Buch der ZJ und absolute Glaubensgrundlage.

Bibelforscher – So hießen die ZJ bis 1931.

Bibellehrer – Moderne Bezeichnung für einen Verkündiger der Guten Botschaft: Getaufte und ungetaufte ZJ, die am Predigtdienst teilnehmen, die Zeitschriften Wachtturm und Erwachet verteilen und versuchen, Menschen ein Bibelstudium zu kredenzen.

Bibelstudium – Der Grund, weshalb die ZJ an deiner Tür stehen. Zwischen all dem Abgewimmeltwerden und Wachtturmverteilen besteht bei jedem ZJ die leise Hoffnung, dass der Mensch hinter der Tür sich auf ein Bibelstudium einlässt. Tut er das, ist das ultimative Ziel die Taufe des Aspiranten. Schafft man es, einen Aspiranten zur Taufe zur überreden, hat man richtig gute Chancen, selbst ins Paradies zu kommen und man darf bei einem Kongress auf der Bühne darüber berichten.

Bluttransfusion – Verboten!

Eifer – ZJ-Sprech für Frömmigkeit. Es ist sehr wichtig eifrig zu sein. Gesunder Eifer zeichnet sich dadurch aus, dass man sein ganzes Leben nach den ZJ ausrichtet: Regelmäßig in den Predigtdienst geht, alle Zusammenkünfte besucht und sich auf sie vorbereitet und im Privatleben nichts tut, was Gott sauer machen könnte. Eifrige ZJ sind besonders gottesfürchtig und Gute Gesellschaft.

Erwachet! – Imperativ. Und Begleitzeitschrift des Wachtturms, in der General-Interest- und Gesellschaftsthemen im Bibelkontext analysiert werden.

Fairness – Der Fairness halber sei erwähnt, dass die ZJ auch ihre guten Seiten haben. Sie sind im Allgemeinen im gesellschaftlichen Zusammenleben sehr ehrlich, kooperativ, hilfsbereit (ihren Glaubensbrüdern, aber auch Fremden gegenüber), zahlen ihre Steuern, stehlen nicht etc. pp. Auch finde ich den Zusammenhalt innerhalb der Versammlungen oft sehr bewundernswert. Alleinerziehende Eltern, ältere Menschen, kranke Menschen werden in vielen Versammlungen nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, sondern in die Aktivitäten miteinbezogen. Auch haben die ZJ in vielen Ländern karitative Dienste vollbracht. Das ist alles keine Frage. Die Kehrseite: Der karitative Ansatz steht natürlich im direkten Verhältnis zum Missionswerk, Respekt gegenüber der Obrigkeit wird nach ihren Bedingungen gezollt und Andersdenkende werden voll und ganz aus ihrer Mitte ausgeschlossen. Gottes Liebe hat wohl doch ihre Grenzen.

Geburtstage – Verboten!

Gedächtnismahl – Der höchste Feiertag der ZJ. Brot und Wein wird herumgereicht. Es wird Jesu‘ Tode gedacht, der angeblich für uns alle gestorben ist. Dank Jesus haben alle Menschen (außer die Abtrünnigen und Hitler vermutlich) die Chance, Harmagedon zu überleben und ins Paradies zu kommen.

Geistige Speise – ZJ-Sprech für Informationen. Ohne Zusatz die Lehren der ZJ. Es wird aber auch differenziert. Gute Geistige Speise = Alles, was von der Leitenden Körperschaft stammt. Schlechte Geistige Speise = Alles andere. Sehr schlechte Geistige Speise von der Speisetafel der Dämonen: Alles, was Abtrünnige schreiben, zum Beispiel auch dieses Blog. Ich habe dich gewarnt.

Geistige Ziele – Ziele, die man sich als ZJ setzt, die nichts mit der Realität und dem Alltag zu tun haben. Sprich: Mehr Zeit im Predigtdienst, alle Versammlungen besuchen, Pionier werden, etc. pp.

Gesalbt – Es wurde uns eingebläut, dass es immer eine besondere Ehre war, ein gesalbtes Mitglied der ZJ zu treffen. Schließlich haben diese eine himmlische Hoffnung. Und meistens waren sie sehr alt. Sie waren die einzigen, die beim Gedächtnismahl vom Brot und vom Wein nehmen durften. Sollten eigentlich weniger werden (zwecks Erfüllung einer Prophezeiung), aber irgendwie klappt das in den letzten Jahren nicht so recht, es tauchen immer neue und immer Jüngere auf. Merkwürden, merkwürden. Als Reaktion wurde die Gruppe der Gesalbten kürzlich von der Leitenden Körperschaft downgegradet.

Glaubensbruder, Bruder – Oder Glaubensschwester, Schwester. Jeder Verkündiger. Getaufte Verkündiger werden von der Bühne aus mit „Bruder X“ oder „Schwester Y“ angesprochen.

Gott – Alles was zählt. Sein Name ist Jehova.

Gute Botschaft – „Guten Tag, wir möchten mit Ihnen über Gott reden…“ – Jesu‘ Tod, das Paradies, Harmagedon, die Wiederauferstehung und der ganze Rest.

Gute Gesellschaft – Das Gegenteil von Schlechter Gesellschaft: Eifrige, gottesfürchtige ZJ.

Harmagedon – Der jüngste Tag: Gott wird alles Böse vernichten. Nur ein Bruchteil der Menschheit wird überleben (vermutlich Anhänger der ZJ und andere Menschen reinen Herzens). Die Erde wird in ein Paradies verwandelt, in dem die Überlebenden ewig leben werden. Der Zeitpunkt von Harmagedon wurde von den ZJ mehrfach festgelegt und wieder verschoben. Mittlerweile stellt man keine offiziellen Vermutungen mehr in den Raum.

Heiliger Geist – Jehovas kleines Helferlein. Oder, in den Worten der Wachtturm-Gesellschaft: „Wie die Bibel deutlich zeigt, ist der heilige Geist eine Kraft, die Gott gebraucht, um seinen Willen auszuführen.“ (Wachtturm, 1. Oktober 2009)

Himmlische Hoffnung – Nur eine begrenzte Anzahl gesalbter Mitglieder der ZJ (die 144.000 sind symbolisch gemeint) wird nach ihrem Tod in den Himmel aufsteigen und bei Gott wohnen. Der Rest muss sich mit der irdischen Hoffnung zufrieden geben.

Hitler – Egal, wie man zum Thema Religion im Allgemeinen und den ZJ im Speziellen steht: In einer humanistischen und demokratischen Gesellschaft muss die Glaubensfreiheit gewährleistet sein. Niemand sollte wegen seines persönlichen Glaubens verfolgt, unterdrückt oder umgebracht werden. Ohne jeden Zweifel ist das Kapitel des Dritten Reiches ein sehr, sehr trauriges in der Historie der ZJ. Um die 6.000 kamen im KZ um, noch mehr waren dort eingesperrt. Die ZJ waren die einzige Gruppe, die sich aus dem KZ hätte freikaufen können: Eine kleine Unterschrift, mit der man bestätigte, vom Glauben Abstand zu nehmen, hätte gereicht, um freigelassen zu werden (Abbildung des Formulars). Die wenigsten nahmen diese Möglichkeit in Anspruch. Bewundernswert, einerseits. Andererseits glaube ich selbst als Atheist, dass es in unter keinen Umständen in keinem Universum einen Gott gegeben hätte, der den ZJ diese „weiße Lüge“ zum Vorwurf gemacht hätte. In dem Zusammenhang gibt es auch einen anderen Blickwinkel: So liegen einer amerikanischen Seite Dokumente vor, die belegen wollen, dass der damalige Glaubensführer Rutherford Adolf Hitler einen offenen Brief schrieb, in dem er mit Stolz feststellte, dass der Wachtturm und die Erwachet!-Zeitschrift die einzigen beiden amerikanischen Magazine gewesen seien, die sich geweigert hätten, Anti-Nazi-Propaganda abzudrucken. Ferner brachte der Brief zum Ausdruck, dass die ZJ (damals Bibelforscher) die Bestreben der Nazis unterstützten, auch die antisemitischen. Der Brief endet mit der Hoffnung, Hitler möge in diesem Sinne die ZJ akzeptieren (ausführlich nachzulesen hier). Nachdem die ZJ in Deutschland verboten worden waren, versuchten sie sich nocheinmal, bei den Nazis anzubiedern. Bei wikipedia ist zu lesen: „Für den 25. Juni 1933 lud die Magdeburger Zentrale zu einer Großveranstaltung nach Berlin ein. In Tennishallen in Berlin-Wilmersdorf versammelten sich etwa 7000 Teilnehmer. Dort wurde die sogenannte „Wilmersdorfer Erklärung“ verabschiedet, die am folgenden Tag an Hitler gesandt und später in dem in der Schweiz erschienenen „Jahrbuch 1934 der Zeugen Jehovas“ veröffentlicht wurde.[11] Man hoffte, damit die Anschuldigungen zu widerlegen und distanzierte sich deutlich von dem Vorwurf, eine von Juden finanzierte Organisation zu sein. Die Leitung hielt es zu diesem Zweck für notwendig, sich an den antisemitischen Sprachgebrauch des Regimes anzupassen, und erklärte, es seien die „Handelsjuden des Britisch-Amerikanischen Weltreiches, die das Großgeschäft aufgebaut und benutzt haben als ein Mittel der Ausbeutung und der Bedrückung vieler Völker.“ Aus den eigenen Reihen wurden Stimmen laut, die diese Erklärung als zu zurückhaltend gegenüber den Nationalsozialisten empfanden.“ Ob das bloß eine Maßnahme war, die ZJ vor der Verfolgung zu bewahren, ist zweifelhaft. Bereits Jahre zuvor – laut der amerikanischen Seite – hatte es Schriften mit stark antisemitischen Inhalten gegeben. Und falls es sich doch um eine „weiße Lüge“ seitens der Organisation handelte, ist es umso unverständlicher und trauriger, dass die Glaubensführer ihren Schäfchen später diese Möglichkeit versagten. (Die Naziverfolgung der ZJ bei wikipedia nachlesen.)

Hirtenbesuch – ZJ-Sprech für: „Wir haben irgendwie das Gefühl, dass du nicht mehr bei der Sache bist / Wir haben gehört, dass du was ausgefressen hast / Dein Name ist bei der letzten Ältestenbesprechung gefallen / Als Bruder X mit dir im Predigtdienst war ist ihm aufgefallen, dass du eine CD von den Ärzten im Handschuhfach hattest. Deswegen möchten wir zwei Älteste heute mal mit dir reden. Du brauchst keine Angst zu haben. Schließlich ist dein Gewissen ja rein, oder?“

Homosexualität – Pfui pfui pfui.

Ich – Autor dieses Blogs. In einer Zeugen Jehovas-Familie aufgewachsen. Mit 10 Jahren erste Zweifel. Mit 20 Jahren der Ausschluss. Mittlerweile abtrünnig.

Internet – Hort vieler Versuchungen. Im Zweifel pfui, kann man aber – aus Sicht der Leitenden Körperschaft – leider nicht viel gegen machen. Also wird versucht, das Internet aus christlicher Sicht failsafe zu machen. Das endet gerne mal unfreiwillig komisch. Fast wie alle Versuche der ZJ, die das Internet betreffen. Ach ja, die beste Seite der Welt? <ironie>Natürlich jw.org.</ironie>. Betreten auf eigene Gefahr.

Irdische Hoffnung – Wer nicht gesalbt ist, bleibt auf der Erde. Nach Harmagedon leben alle mit einer irdischen Hoffnung im Paradies. Die irdische Hoffnung: Der größte Antrieb eines ZJ, den ganzen Quatsch mitzumachen (offiziell ist der größte Antrieb natürlich die Liebe zu Jehova)

Jehova – siehe Gott.

KindesmissbrauchDiese englischsprachige Seite beschäftigt sich ausführlich mit dem Themenkomplex „Zeugen Jehovas und Kindesmissbrauch“.

Kongress – Die größten Zusammenkünfte der ZJ. Ganz viele ZJ aus ganz vielen Versammlungen treffen sich in einem Fußballstadion, einer Mehrzweckhalle oder einem Kongresssaal im Besitz der ZJ, um den ganzen Tag lang mal so richtig ordentlich das Gehirn gewaschen zu bekommen. In den Pausen und hinterher wird zwischen den Jugendlichen geflirtet, was das Zeug hält. Da die Beziehung zu einer weltlichen Person pfui ist, sind die Kongresse die größte Datingplattform der ZJ. Es gibt drei verschiedene Kongresse: Der Bezirkskongress findet einmal im Jahr an zwei bis drei Tagen in einem Fußballstadion statt und umfasst alle Versammlungen eines Bezirks. Der Kreiskongress findet ebenfalls einmal im Jahr statt und umfasst alle Versammlungen eines Kreises. Alle Kreise ergeben einen Bezirk. Zu guter Letzt kommen die Versammlungen eines Kreises einmal Jahr zu einem Tagessonderkongress zusammen. Der Ablauf ist immer derselbe: Lied, Gebet, Vorträge, Lied, Pause, Lied, Vorträge, Lied, Gebet, Feierabend. Und dazwischen wird geflirtet.

Königreichsaal – Der Kirchenbau der Zeugen Jehovas. Eher Konferenzraum als Kölner Dom. Hier halten die ZJ ihre Zusammenkünfte ab. Meistens teilen sich mehrere Versammlungen einen Königreichsaal. Es gibt auch Königreichsaal-Multiplexe, wo ein Bau mehrere Säle enthält.

Kreisaufseher – Wie der Bezirksaufseher, bloß etwas weniger mächtig und nur für einen Kreis zuständig. Sein regelmäßiger Besuch der Versammlung ist immer ein Highlight für jeden Glaubensbruder. Er bleibt eine Woche, hält Ansprachen, sieht nach dem Rechten. Es ist eine sehr große Ehre, mit einem Kreisaufseher in den Predigtdienst zu gehen, deshalb sind die raren Plätze an seiner Seite hart umkämpft. Sie gehen in der Regel an die eifrigsten Verkündiger, die Kinder der prominentesten Eltern und an jene Glaubensbrüder, die aufgrund von Zweifeln, Schwächen, Fehltritten und anderen Auffälligkeiten ins Visier der Ältesten geraten sind.

Leitende Körperschaft – Die Päpste, die Paten, die Sepp Blatters der ZJ. Diese Gruppe von, richtig geraten, Männern gibt die Richtung vor, erstellt die aktuelle Lehre, schreibt alle Schriften der ZJ (unter anderem natürlich auch unser geliebtes Ältestenbuch). Nach eigenen Angaben mit diffusem telepathischen Kontakt zu Gott und die Erfüllung der Prophezeiung des „treuen und verständigen Sklaven“, der dafür sorgt, dass die Geistige Speise aus dem Himmel auf die Erde gelangt. Der TUVS ist die EINZIGE legitime Quelle für die Lehren der ZJ. Alternative Quellen werden nicht geduldet und gelten als borderline abtrünnig. Das gleiche gilt für das Infragestellen der Leitenden Körperschaft. Natürlich sind alle in der Leitenden Körperschaft gesalbt. Bis vor kurzem waren noch alle Gesalbten Teil des TUVS, aber aufgrund der Tatsachen, dass entgegen aller Prognosen immer mehr Gesalbte auftauchen, gab es am 6. Oktober 2012 Neues Licht und seitdem sind nur noch die Mitglieder der Leitenden Körperschaft Teil des TUVS. Wie praktisch. Die fröhlichen Herren kann man sich auf diesem Bildchen anschauen.

Neues Licht – „Uups, wir haben uns vertan.“ Deus Ex Machina. Wichtigste Kombo der Leitenden Körperschaft. Kommt immer dann zum Einsatz, wenn das, was nicht passt, passend gemacht werden muss. Neues Licht wird von den Schäfchen nie in Frage gestellt, sondern mit großer Dankbarkeit empfangen.

Pionier – Besonders eifrige Vollzeit-Verkündiger der Guten Botschaft, die ihre gesamte Zeit im Predigtdienst verbringen. Traumehepartner eines jeden ZJ. Wer Arbeitnehmer, Schüler oder sonst irgendwie nicht so viel Zeit hat, kann ein Volontariat machen und den sogenannten Hilfspionierdienst anstreben. Statt 70 (früher: 90) sind nur 50 (früher: 60) Stunden fällig.

Predigtdienst – Das Missionswerk der ZJ und offiziell das liebste Hobby eines jeden eifrigen Zeugen.

Prophezeiung – Das gleiche halt wie in jedem scheiß Fantasybuch.

Rechtskomitee – Die Inquisition der ZJ, bloß ohne Daumenschraube und Waterboarding. Das Tribunal, vor dem sich jeder fürchtet. Wird wie der Ausschluss als Druck- und Drohmittel benutzt, schwebt als Damoklesschwert über dem Kopf eines jeden Verkündigers. Geschäftsgrundlage ist das Ältestenbuch. Wer dank eines Fehltrittes ein Rechtskomitee auslöst, hat nur noch zwei Möglichkeiten: Ausschluss oder Reue. Wer bereut, wird in der nächsten Zusammenkunft öffentlich getadelt. Nach einem Rechtskomitee kriegt man in der Regel die meisten Privilegien entzogen und Eltern flüstern ihren Kinder ein, dass die betreffende Person schlechte Gesellschaft, also zu meiden sei. Durch besonders eifrigen Predigtdienst kann dieses Stigma wieder ausgemerzt werden.

Schlechte Gesellschaft – Alles, was nicht ohne jeden Minuspunkt den Windkanal überlebt.

Sex – Verbo…! Stop. In der Ehe ok, außerhalb der Ehe pfui, allein pfui pfui, zwischen zwei Männern oder Frauen pfui pfui pfui.

Taufe – Das öffentliche Glaubensbekenntnis der ZJ. Auf einem Kongress lauscht man nach einer Aufnahmeprüfung einem Vortrag, bejaht das vorgesagte Mantra und lässt sich dann in einem Wasserbecken taufen. Danach wird man als getaufter Bibellehrer in den Zusammenkünften mit Bruder oder Schwester angeredet.

Theokratie – Die von den ZJ angestrebte Herrschaftsform. Ihre Zukunftsvision für die Welt nach Harmagedon. Wikipedia beschreibt die Theokratie als „eine Herrschaftsform, bei der die Staatsgewalt allein religiös legitimiert und von einer (in der Sicht der Anhänger der Staatsreligion) göttlich erwählten Person (gottberufener Prophet, gottbegnadeter König usw.), einer Priesterschaft (Klerus) oder sakralen Institution (Hierokratie) auf der Grundlage religiöser Prinzipien ausgeübt wird. Ein auf der Theokratie basierender Staat wird auch als Gottesstaat bezeichnet. (…) Christen erwarten für die Zeit nach der Wiederkunft Christi beim Jüngsten Gericht eine „Königsherrschaft Gottes“ (basileia tou theou) unter der unmittelbaren „Macht und Herrlichkeit“ des Herrn Jesus Christus, die seit der Frühzeit des Christentums mit chiliastischen und millenaristischen Vorstellungen verbunden ist. Die Zeugen Jehovas und generell die Bibelforscherbewegung, erwarten eine konkrete, diesseitige Theokratie auf der „gereinigten Erde“.“

Theokratische Predigtdienstschule – Eine von fünf Zusammenkünften der ZJ. Wöchentliche Rhetorikschulung, begleitet von der Dienstzusammenkunft, einer wöchentlichen Missionarsschulung.

Treuer Und Verständiger Sklave – Die einzig legitime Quelle für Geistige Speise, sprich: Die Schriften und Lehren der ZJ. Der Name klingt wie der Forumsnick eines BDSM-Fans, stammt aber aus der Bibel. Siehe Leitende Körperschaft.

Verkündiger – Bezeichnung eines getauften ZJ. Als ZJ ist man ein „Verkündiger der guten Botschaft„. Mittlerweile, wie man der offiziellen Seite entnehmen kann, heißt man Bibellehrer.

Versammlung – ZJ sind in örtlichen Gemeinden organisiert, die sie Versammlungen nennen.

Wachtturm – Zentrale Zeitschrift der ZJ, in der ihre Doktrin vertieft und gelehrt wird. Das vermittelte Wissen wird in einer Zusammenkunft, im sog. Wachtturm-Studium, samstags oder sonntags öffentlich abgefragt.

Wachtturm-Gesellschaft – „Die Wachtturm-Gesellschaft (oft als WTG abgekürzt) ist die organisatorische Zentraleinrichtung der Zeugen Jehovas und bezeichnet eine Vielzahl an juristischen Personen. In Deutschland ist die „Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft der Zeugen Jehovas, e. V., Selters/Taunus“ eine Rechtskörperschaft der Religionsgemeinschaft der „Zeugen Jehovas in Deutschland K.d.ö.R.“ mit Sitz in Berlin.Als Muttergesellschaft fungiert die „Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania“, eine von zwei US-amerikanischen Wachtturm-Gesellschaften. In über 100 Ländern weltweit bestehen weitere Zweigniederlassungen.“ (Quelle: Wikipedia)

Wahrheit – interner ZJ-Sprech für die Lehre der ZJ., da sie sich als einzig wahre Religion betrachten. Wird aber häufig synonym für das ZJ-Dasein verwendet, wie in „Wie lange bist du schon in der Wahrheit?“ (sprich: Wie lange bist du schon ein ZJ?)

Wahrer ChristZJ

Weihnachten – Verboten!

Weltlich – Wie in: „Weltliche Musik“, beispielsweise. Alle Dinge, die nicht von der Leitenden Körperschaft stammen oder von ihnen missbilligt werden könnte: Deine Frisur, deine Freunde, deine Filme, dein Leben.

Weltliche, Weltmenschen – Alle Menschen, die keine ZJ sind. Als potentielle ZJ wohlwollend betrachtet, als potentielle Partner und Freunde eher nicht so. Weltliche stehen in der Nahrungskette weit über den Ausgeschlossenen und Abtrünnigen, sind aber trotzdem Schlechte Gesellschaft.

Wiederauferstehung – Ein weiterer Eckpfeiler der ZJ-Lehre: Alle guten Toten werden im Paradies von den Toten zurückkehren. Wer diese guten Toten sind, die sich Hoffnung machen dürfen, entscheidet kein Mensch, sondern Gott. Ich bin mir dennoch ziemlich sicher, dass die Leitende Körperschaft eine sehr konkrete Vorstellung hat, wer dafür in Frage kommt.

Zusammenkunft – Der Gottesdienst der ZJ. Fand zu meiner Zeit fünf mal die Woche an drei Tagen statt – mittlerweile wurde das Pensum, wie man mir sagt, auf vier Zusammenkünfte an zwei Tagen reduziert. Wichtig für eine ausgewogene Ernährung mit Geistiger Speise. Wird ab und an auch mal als Datingplattform missbraucht, vor allem, wenn sich mehrere Versammlungen einen Königreichsaal-Multiplex teilen.

* Die Idee für das Glossar habe ich frecherweise bei wtwatch geborgt. (weiter im Text)

32 Gedanken zu “Glossar

  1. Pingback: Ich - Misha Anouk
  2. Ein Paar Ergänzungen/Anmerkungen.

    Älteste: „Um demokratische Entscheidungen zu ermöglichen“ – schon klar was gemeint ist, aber für Nicht-ZJ könnte der Eindruck entstehen die würden in der Versammlung gewählt oder sowas Christenheit-artiges. Natürlich geht alle Macht vom TuvS aus!

    Ausgeschlossene/Ausschluss: „keine Reue zeigen“ ist ZJ-Diktion, tatsächlich geht’s darum die „richtige“ Reue zu zeigen (siehe Ältestenbuch) und das ist extrem vom Gutdünken der Ältesten abhängig. Manche Sünden sind sowieso unbereubar. Bluttransfusion ist seit Jahren kein Ausschlussgrund, sondern ein Zeichen dass man sich selbst losgesagt hat (im Endeffekt natürlich dasselbe, aber mancher mag solche Details kritisieren). Und zu den Sünden kann auch gehören, sich irgendwie mit einer anderen Kirche assoziiert zu haben (Ökumene!), Älteste oder die Organisation zu kritisieren, oder sonst eine falsche Meinung zu haben. Nur brave ZJ behaupten, die Ausgeschlossenen hätten eh alle nur „herumgehurt“ (allein dieses Wort….).

    Gesalbt: der Eintrag erklärt für einen Nicht-ZJ nicht wirklich, was das ist, und woher die kommen.

  3. Sparlock

    Hmmm, Sex ist in der Ehe ok aber aber nicht in jeder Spielart oder? Anal, Oral und SM sind doch auch „Pfui“ oder zumindest waren sie es doch mal. Irgenwie wissen die doch nie so genau, was im Bett noch erlaubt ist, vielleicht stellt man einen Ältesten oder besser noch den Kreisaufseher daneben. Der könnte dann mit einem Eimer kaltem Wasser dazwischen gehen, falls es zu „bunt“ wird.

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